Modellbauclub Geesthacht e.V.
25 Jahre Modellbauclub Geesthacht 20.08.1993 - 20.08.2018
Besuch bei Hamburgischer Schiffbau-Versuchsanstallt (HSVA)
Anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens lud die Hamburger Schiffbau-Versuchsanstalt zu einem Tag der offenen Tür nach Barmbek ein. Mit der Aussicht auf jede Menge Schiffsmodelle, Modellrümpfe und großen Schlepptank Anlass genug, einen Besuch ins Auge zu fassen. Im Internet konnte man sich vorab über das Angebot informieren und einen Übersichtsplan mit Rundgang herunterladen. Führungen waren nicht vorgesehen, wie ein Telefonanruf ergab.
Da vor Ort keine Parkmöglichkeiten zur Verfügung standen, kamen wir der Bitte des Veranstalters nach und reisten mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Treffpunkt ZOB Geesthacht um 10 Uhr, dann mit Bus, S- und Hochbahn bis zur U-Habichtsstraße. Ein kurzer Fußmarsch führte uns zum Eingang der HSVA, wo wir von zwei Mitarbeitern begrüßt und mit Informationsmaterial versorgt wurden.
Der erste Weg führte uns ins Modelllager, wo sich jede Menge Rümpfe stapelten (ca. 250 Stck). Nach einer Aufbewahrungszeit von einem Jahr werden sie vernichtet. Das Material ist Holz, u. a. weil Kunststoffe schwieriger zu entsorgen sind. Bei Maßstäben zwischen 1:10 und 1:45 erreichen die Modelle Längen von sieben bis zehn Metern, was eine eventuelle Weiterverwendung im privaten Bereich ausschließt. Außerdem würden sich vermutlich die Kunden (Werften/Reedereien) bedanken, wenn sich teuer bezahlte Erkenntnisse bei der Konkurrenz wiederfänden.
Gleich um die Ecke stand die Modellfräse, die - in laufendem Betrieb - einen Schiffsrumpf formend gezeigt wurde. Die Rohlinge werden aus verleimtem Abachi-Holz vorgefertigt und in zwei bis drei Tagen mit der computergesteuerten Fräse nach Vorgaben des Auftraggebers in die entgültige Form gebracht.
In der Modell-Vorbereitungshalle werden die endbearbeiteten und lackierten Schiffsrümpfe mit Messtechnik und Elektromotoren für den Antrieb des Schiffspropellers ausgerüstet. Je nach Bedarf werden die Modelle zusätzlich mit Rudermaschinen, Flossensteuerung oder Aufbauten ausgestattet.
Das große Highlight der HSVA ist natürlich die Halle mit dem 300 m langen und sechs Meter tiefen Schlepptank. Hier werden der Widerstand und der Leistungsbedarf von Schiffen in glattem Wasser bestimmt. Aber auch das Bewegungsverhalten von Offshore-Plattformen und Schiffen in schwerer See werden untersucht.
Und so war es wie im Wellenbad: Die Besucher warteten mehrere Wellenphasen ab um zu sehen, wie die Modelle damit zurecht kamen. Zudem können in diesem Becken auch verschiedene Wellen formen, Kreuzseen usw. erzeugt werden. Freifahrende Modelle mit eigener Ruderanlage können zur Untersuchung ihres Manövrierverhaltens eingesetzt werden: Da juckt es einen Modellboot-Skipper schon ein wenig in den Fingern... Wie an den anderen Stationen des Rundgangs erläuterte ein Mitarbeiter der HSVA anschaulich die vielfältigen Versuchsanordnungen.
Als Nächstes war die Besichtigung der Halle mit dem Eistank an der Reihe. Wie man dem Flyer für den Rundgang entnehmen kann, handelt es sich hierbei um "eine der größten eistechnischen Versuchsanordnungen der Welt. Hier werden Modelle von Schiffen und Offshore-Strukturen unter arktischen Bedingungen untersucht. Bei Wassertemperaturen von -0,2oC und einer Lufttemperatur von bis zu -25oC können Modelleisdecken von bis zu 8 cm Dicke gefroren werden. Zur Modellierung der korrekten Festigkeit wird das Eis angewärmt. Deswegen werden die Versuche bei einer Umgebungstemperatur von 4oC durchgeführt." Ferngesteuerte Schiffe zerlegen hier das Eis. Obwohl die Mitarbeiterin kenntnisreich den Sinn und Zweck der Forschung in diesem Bereich erläuterte, drängte es uns bald zur nächsten Station, denn es war wirklich kühl in der Halle, und wir waren ja für das warme Wetter draußen eingekleidet.
Auf dem Weg dorthin stellten wir fest, dass uns Norbert abhanden gekommen war. Später stellte es sich heraus, dass er von einem Mitarbeiter zu einem Besuch hinter die Kulissen der Eishalle eingeladen worden war, weil er den Einbau der ersten Kühlung begleitet hatte.
Im Kavitationstunnel wird die Wirkung der sehr hohen Strömungsgeschwindigkeiten an Schiffspropellern untersucht. Auch hierbei handelt es sich wieder um eine der weltweit größten Anlagen dieser Art, in der 1,5 Millionen Liter Wasser mit bis zu 45 km/h einen Ringkanal durchströmen, um auf einer 11 m langen Strecke Messungen durchführen zu können. Das physikalische Phänomen der Kavitation, bei dem Wasser infolge eines starken Überdrucks verdampft, kann zu Materialzerstörung, Vibrationsanregung und Geräuschentwicklung an den Propellern führen.
Wir ließen den Besuch bei einer kleinen Erfrischung im Info-Zelt, in dem auch diverse Video-Präsentationen gezeigt wurden, ausklingen. Norbert stieß wieder zu uns, dafür war Claus verschwunden.
Obwohl dies der erste Tag der offenen Tür für die HSVA war, erlebten wir eine rundum gelungene Veranstaltung. Man nahm den ausgesprochen freundlichen und auskunftsfreudigen Mitarbeitern der mit insgesamt 90 Beschäftigten in den verschiedenen Bereichen ausgestatteten Forschungseinrichtung, die geduldig die Fragen der Besucher ausführlich beantworteten, die Begeisterung für ihre Arbeit ab. Fazit: Gerne wieder!
PS: An diesem Tag veranstaltete die Hamburger Hochbahn AG ihr kleines Jazztrain Musikfestival. Nicht nur in einigen Hochbahnzügen, auch auf Bahnhöfen gab es Live-Musik. Beim Umsteigen am Schlump lockte uns Dixieland-Sound aus dem Bahnhofskeller hoch in die Eingangshalle, in der eine Bühne aufgebaut war. Und wen konnten wir hier wieder einsammeln? - Claus, der vor der Bühne mitswingte.
14.09.2013 Jens Dürkop